Presseartikel

Fortpflanzungsmediziner Andreas Heine hilft in Singen (D) Schweizerinnen mit Kinderwunsch

erschienen im Blick am 1.04.2015

„Er gibt Eiern ein Nest“

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Schweizer, die wegen ihres Kinderwunsches auf klinische Hilfe angewiesen sind, zieht es immer öfter ins Ausland. Dort sind die Gesetze lockerer und die Behandlungen billiger als in der Schweiz.

Einkaufstourismus? Klar, aber nicht nur. Vermehrt zieht es auch Schweizer mit Kinderwunsch nach Deutschland. Im Gepäck: eingefrorene Eizellen – oder einen Termin bei der Samenbank.

Die Diagnose bekam Kilian B.* (33) 2013: Knochenkrebs im Endstadium. Die Ärzte gaben dem Zürcher eine Überlebenschance von zehn Prozent. Wolle er Kinder, sagten sie, müsse er rasch handeln und seinen Samen einfrieren lassen. Die Chemotherapie wirke sich negativ auf die Qualität seiner Spermien aus. «Das alles war sehr schlimm für uns», sagt Berger, «wir haben uns immer eine Familie gewünscht.»

Der nächste Schock kam kurz darauf. Weil die Ärzte nicht garantieren können, dass Kilian Berger noch mindestens 18 Jahre bis zur Volljährigkeit eines Kindes am Leben bleibt, darf er laut Gesetz nicht zur Samenbank. «Wir hätten vor die Ethik-Kommission treten können, damit aber wertvolle Zeit verloren. Auch war der Ausgang höchst ungewiss», sagt der Ingenieur.

Für das Paar blieb nur ein Ausweg: Deutschland. Dort sind die Gesetze liberaler. «Wir fühlten uns schikaniert», sagt Berger. «Ich hätte mich gerne hier in der Schweiz behandeln lassen. Die Reise hat mich zudem unnötig Energie gekostet.» Aber sie hat sich gelohnt: Sein Sohn ist nun zwei Jahre alt.

Kilian Berger und seine Frau sind nicht das einzige Paar, das ins Ausland flüchtet, um sich den Kinderwunsch zu erfüllen. Grenznahe Kliniken in Österreich und Deutschland sind voll mit Schweizern. «Die strengen Vorschriften zwingen sie, ihr Babyglück im Ausland zu suchen», bestätigt Reproduktionsmediziner Andreas Heine von der Praxis «Kinderwunsch Bodensee» in Singen (D).
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Die Gründe sind vielfältig: Zurzeit melden sich vermehrt junge Frauen, die ihre Eizellen lagern wollen – weil es in Deutschland keine Aufbewahrungsfrist gibt. In der Schweiz werden die Proben nach fünf Jahren vernichtet. Und zwar rigoros. «Das zwingt die Frauen zu handeln, auch wenn sie nicht bereit für ein Kind sind», sagt Heine. Eine Patientin, erzählt er, habe sich nicht unter Druck setzen lassen und ihre Proben nach Ablauf der fünf Jahre vom Unispital Luzern nach Singen gebracht. «Sie wollte kein Kind, nur weil sie muss.» Zu Heine kommen vermehrt über Vierzigjährige, da viele Schweizer Spitäler die Behandlung mit 43 stoppen. Ein weiterer Punkt sind die Kosten: Die Arztbesuche sind im Ausland günstiger. Je nach Klinik spart ein Paar mehrere Tausend Franken.

Die Bergers bezahlten für die bisherigen Behandlungen knapp 30.000 Franken. Gerade waren sie wieder in Deutschland. Ihr Sohn soll ein Geschwisterchen bekommen.

* Name geändert

Artikel: Romina Lenzlinger / Reporterin / Blick
Bilder: Valeriano Di Domenico

Quelle: www.blick.ch